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Die große Corona-Chance

Donnerstag, der 12. März 2020: Carlo und ich freuen uns auf ein langes Ski-Wochenende in Sölden. Alle Klamotten sind schon gepackt und im Skisack warten unsere Bretter nur darauf, ins Auto verladen zu werden, damit wir mittags nach der Schule sofort losfahren können.

Währenddessen wird die Nachrichtenlage rund um das Corona-Virus immer verwirrender und unheimlicher. Die ersten Gerüchte, daß die Schulen in Köln nach dem Wochenende schließen, machen die Runde und auch aus Österreich hört man von Infizierten. Kurz vor der Abfahrt entschliessen wir uns, doch nicht zu fahren – nicht, weil wir Angst haben, uns selber mit dem Virus anzustecken, sondern weil in unserer Gastgeberfamilie, zu der wir schon seit vielen Jahren fahren, ein Familienmitglied über 80 Jahre alt ist und wir es nicht riskieren wollen, die alte Dame unbewusst zu infizieren, weil wir selber vielleicht schon Covid 19 in uns tragen uns es nicht wissen.

Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, wir sind traurig. Aber es scheint uns trotzdem eine vernünftige Entscheidung zu sein.

Zwei Tage später, am 15. März, schliessen in Sölden alle Aufstiegsanlagen und die Skisaison ist beendet. Am nachten Tag beendet ganz Tirol die Skisaison und abends erreicht uns eine Email aus Carlos Gymnasium, daß auch diese ihren Betrieb am Montag vorerst einstellt und die Schüler zu Hause bleiben sollen. Noch in der selben Woche erfolgt am 18. Geburtstag von Carlos Bruder das, was wir seitdem "Shutdown" nennen. Corona hat mit der Skisaison nicht nur die für uns schönste und intensivste Zeit des Jahres, sondern auch fast unser komplettes öffentliches Leben beendet.

Heute haben wir etwas Abstand zu diesen Tagen und uns an einige Dinge, die Euer, unser und das Leben aller anderen seitdem verändert haben, bereits gewöhnt. Wir haben viel Zeit zu Hause verbracht und an den vielen Tagen und Abenden, an denen wir als Familie eigentlich auf der Piste gestanden, Konzerte besucht oder uns mit Freunden getroffen hätten, am Tisch diskutiert oder auch alleine über vieles nachgedacht.

Und inzwischen sind wir uns sicher: Bei all dem Wahnsinn und Frustrierendem, das diese Pandemie mit sich bringt, ist Covid 19 auch in vielen Bereichen eine Chance, daß Menschen sich besinnen und Dinge besser werden, die schon lange besser werden müssen. Auch bei dem, für das wir brennen, was uns so wichtig ist und was uns so intensiv beschäftigt, weil wir es so lieben: Dem alpinen Skisport. Wir nennen diese Chance die "Corona-Chance".

Wenn oft auch nur langsam scheinen sich durch verschiedene Faktoren bereits in einigen Bereichen Dinge zu ändern, die vorher undenkbar schienen. Autofreie Innenstädte in Deutschland und zumindest die spärlichen Anfänge einer Verkehrswende scheinen möglich. Und auch im Tourismus verändern sich die ersten Dinge langsam. Auf der Ferieninsel Mallorca, die schon lange unter dem überzüchteten Partytourismus leidet, beginnt ein Umdenken hin zu einem nachhaltigeren und ruhigeren Fremdenverkehr. Schockiert über die gegen alle Corona-Regeln verstoßenden Parties auf der "Bierstraße" hat der mallorquininische Torusimusminister Iago Negueruela offen seinen Unmut über Unternehmer und Touristen auf der Insel geäußert und langfristige Konsequenzen angedroht.

Solche Unternehmer wollen wir ebenso wenig wie solche Touristen. Das ist unsere klare Botschaft. Wir wollen dieses Verhalten und auch diese Klientel nicht auf unseren Inseln.

Iago Negueruela, Tourismusminister Mallorca

Veränderungen brauchen wir auch im alpinen Tourismus schon lange, schon seit weit vor Corona. Immer mehr Menschen drängen in die Berge und zum Skifahren. Der Wintersport ist schon lange Teil einer riesigen Tourismusindustrie, die es dem Menschen ermöglichen möchte, alles und immer erleben zu können. Jeder soll mit einem Kreuzfahrtschiff nach Dubai fahren oder das völlig überlaufene Venedig besuchen können. Jeder soll die mittlerweile überhaupt nicht mehr unberührte Natur Islands erleben können und auch der Aufstieg auf den Mount Everest ist nichts Besonderes mehr.

Damit geht die Wertigkeit von vielem verloren - eben auch vom Besonderen des Skifahren. Und es müssen Gedanken erlaubt sein, wie wir diese Wertigkeit wieder herstellen können. Wie können wir es schaffen, daß sich die Menschen bei ihren Aktivitäten wieder für das entscheiden, was ihnen wirklich wertvoll ist?

Das Thema ist komplex und die Diskussion darüber wird oft als ungerecht empfunden. Aber vielleicht liegt in der aktuellen, durch die Corona-Pandemie hervorgerufene Situation eine Chance, daß im Skitourismus so wie in anderen Bereichen auch ein Umdenken beginnt und sich einiges von alleine regelt. In dieser Saison wird zum ersten Mal alles anders sein. Wir wissen noch nicht, wie wir in der Saison 2020/21 skifahren werden - aber es ist doch zumindest abzusehen, daß Party und Aprés Ski keine große Rolle spielen werden und schon alleine hier wird es spannend zu verfolgen, wieviele "begeisterte Wintersportler" dies von ihrem Besuch in den Alpen abhalten wird.

Masken, Abstandsregeln und andere Massnahmen, die vielleicht zu den ein oder anderen Unannehmlichkeit führen, werden sicherlich auch einige Menschen von Skitrips genauso abhalten wie die Angst, sich mit dem Virus zu infizieren. Wird das dazu führen, daß die Skigebiete in dieser Saison leerer bleiben als in den letzten Jahren? Und welche Menschen werden wir trotz all der Einschränkungen auf dem Berg treffen? Das wird spannend zu beobachten sein und vielleicht ergibt sich aus der Krise auch eine Chance, daß es wieder ruhiger und respektvoller wird am Berg und auf der Piste.

Wir wollen das beobachten und von unseren Erfahrungen hier zu berichten. Was meint Ihr dazu? Wie glaubt Ihr, wird sich Corona auf unseren Skisport auswirken? Liegt darin auch ein Chance für lang überfällige Veränderungen und werden wir sie nutzen können? Diskutiert dazu gerne mit uns hier unter diesem Beitrag!

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